Caibidil a Ceathair: Die Kopula (An Chopail)

Das Verb bí und die Kopula: bí und is

Gramadach na Gaeilge

Im Irischen gibt es zwei Wörter, die im Deutschen mit "sein" wiedergegeben werden:[ 1 ]

Während die Kopula "is" nur zur Verbindung von Subjekt und Prädikat dient, ist das Verb selbst prädikativ:

Das Verb bí drückt den Tatbestand der Existenz[ 2 ] in einem (genannten oder ungenannten) Zustand oder Lage aus:
z.B.: táim = ich bin (d.h. ich existiere, es gibt mich).
Daher wird es überwiegend mit Präpositionen der Lage verwendet, in einfachster Form mit i (= in) und dessen 3. Person maskulin ann (= darin, wörtl. "in-ihm/in-es"), das übertragen und verselbständigt im Sinne von "da" verwendet wird. (vgl. dt.: ein Zustand in dem man ist).
z.B.: Tá daoine ann. = Es gibt Menschen./Es sind Menschen da.

Ann kann durch spezifischere Lagebeschreibungen ersetzt werden oder zusätzlich zu diesen stehen,
z.B.: Tá daoine (ann) ar an bhaile nach mbeannódh sa tsráid duit. = Es gibt Menschen im Ort, die dich auf der Straße nicht grüßen würden.

Bloße Existenz kann auch ohne Präpositionen ausgedrückt werden, aber nicht ohne jeden Zusatz.
z.B.: Níl aon Dia ach tú. = Es gibt keinen Gott außer dir. (nicht hingegen: *Níl aon Dia. = Es gibt keinen Gott. Hier muß ann folgen.)

Es können aber auch andere Zustände beschrieben werden, z.B. den Zustand des Stehens, Sitzens, Wohnens (siehe Zustandsverben), den Zustand einer Arbeitsausübung/Berufes, etc. Weiterhin wird es mit prädikativen Adjektiven verwendet.

Beispiele:

Tá sé ann. Er ist da. / Es gibt ihn. "ist er in-es"
Tá sé sa teach. Er ist im Haus. "ist er [in seiner Lage] in-dem Haus"
Tá sé ar an mbord. Er ist auf dem Tisch. "ist er [in seiner Lage] auf dem Tisch"
Tá sé ina sheasamh. Er steht. "ist er in-seinem [Zustand des] Stehen[s]"
Tá sé ina chónaí. Er wohnt. "ist er in-seinem [Zustand des] Wohnen[s]"
Tá sé ina dhochtúir. Er ist Arzt/arbeitet als Arzt. "ist er in-seinem [Zustand des] Arzt[seins]"
Tá sé ina lá. Es ist Tag. "ist er in-seinem [Zustand des] Tag[seins]"
Tá sé fuar. Es ist kalt. "ist es [in einem Zustand des] Kalt[seins]"

Diese Existenz/Zustand/Lage-Beschreibung ist die Grundbedeutung von .

Das Ausmaß der Existenz bzw. das Maß wird ohne Präposition ausgedrückt.
D.h. Angaben wie Größe, Gewicht, Alter, Zeit und ähnliches erfolgt mittels bí + Maßangabe.
z.B.: Tá sí seacht mbliana déag d’aois. = Sie ist 17 Jahre alt.
        Tá sí naoi gclocha meáchain. = Sie ist 9 stones schwer. (9 stones = 57 kg)
        Tá sé ceathrú chun a trí. = Es ist viertel vor drei Uhr.

Die heutigen Verwendungen von bí als Hilfsverb (z.B. in der Verlaufsform) sind sekundär, beinhalten aber mehr oder weniger weiterhin den Sinn eines zeitlich begrenzten Zustandes.
In der Verlaufsform wird die zeitliche Begrenztheit (auf den Augenblick) geradezu besonders hervorgehoben.
z.B.: Tá sé ag ól. = Er trinkt (jetzt gerade im Augenblick).

Die Kopula beschreibt generell keine Zustandsbeschreibung, sondern gibt lediglich eine Zuordnung an.
Es entspricht dem mathematischen Symbol des Element- oder Gleichheitszeichens.
Kopulasätze geben so eine Klassifikation (X ∈ Y) bzw. eine Identifikation (X = Y) an, siehe Klassifikations- und Identifikationssätze.

Mit der Konstruktion i + Possessivpronomen + Substantiv kann einen Satz mit ähnlicher Bedeutung wie die Kopula bilden.
Das heißt, statt einer eigentlichen Klassifikation/Identifikation (mit Kopula) erfolgt so wiederum eine Zustandsbeschreibung (mit bí). (siehe Klassifikations- und Identifikationssätze ohne Kopula)
z.B.:

mit der Kopula Is dochtúir é. Er ist Arzt. "ist Arzt er"
mit bí Tá sé ina dhochtúir. Er ist Arzt. "ist er in seinem [Zustand des] Arzt[seins]"

Der Kopulasatz gibt dabei aber eine (meist permanente) Zuordnung "er = Arzt" an, während der Satz mit angibt, daß eine (meist temporäre) Zuordnung vorliegt, die erst erreicht wurde bzw. wieder aufgehoben werden kann, sich also mehr um einen Zustand handelt (er ist jetzt Arzt geworden, er arbeitet als Arzt, wird dies aber nicht immer tun)
z.B. Tá sé ina fhear anois = Jetzt ist er ein Mann (wörtl.: "ist er in-seinem [Zustand des] Mann[seins] jetzt"). Denn vorher war er ein Kind.

Bei Verwendung zeitlich einschränkender Adverbien, z.B. anois = jetzt, ist die Konstruktion mit der Kopula auch möglich,
z.B. Is fear é anois = Jetzt ist er ein Mann).
Genauso ist die Verwendung von mit Adverbien zeitlicher Unbegrenztheit möglich,
z.B.: Bhí sé ina amadán riamh = Er war schon immer ein Idiot.
Hierdurch wird die obige Aussage der permanenten bzw. temporären Zuordnung relativiert.

Hauptunterschied beider Sätze ist die bloße Klassifikation durch die Kopula, während angibt, daß es sich um eine Zustandsbeschreibung handelt.
z.B.: Is fear é = Er ist ein Mann (→ Er wird als Mann klassifiziert.)
       Tá sé ina fhear = Er ist ein Mann (→ Er ist in einem Zustand, indem er alle Eigenschaften eines Mannes besitzt.)

Die permanente Zuordnung durch die Kopula führt im Präteritum (Kopulaform ba) dazu, daß das Subjekt als nicht mehr existent angenommen werden muß, denn es kann die permanente Zuordnung ja nicht verloren haben. Für Sätze mit bí (Präteritum bhí) gilt dies hingegen nicht, Präteritum drückt hier nur einen Zustandswandel aus.
z.B. Ba mhúinteoir é. = Er war Lehrer. (→ Jetzt lebt er nicht mehr.)
       Bhí sé ina mhúinteoir. = Er war Lehrer. (→ Jetzt ist er etwas anderes.)

Prädikative Adjektive mit bí
Prädikative Adjektive werden heute meist mit verwendet, wobei aber eine zeitliche Begrenztheit und Zustandsbeschreibung vorliegt.
z.B.: Tá sé te. = Es ist heiß.

In vielen (älteren) Lehrbüchern werden Sätze mit dem Verb bí und prädikativen Adjektiven in der Verwendung stark eingeschränkt.
Das Verb ist demnach nur möglich mit Adjektiven, die (potentiell) vorübergehende Zustände beschreiben,
z.B.: Tá sé te. = Es ist heiß.
       Tá an fear tinn. = Der Mann ist krank.
Bei subj. wertenden Adjektiven, die eine permanente Qualität beschreiben, muss go hinzutreten,
z.B. Tá sé go maith = Es ist gut.
       Tá sé go dona. = Es ist schlecht.
Bei anderen Adjektiven jedoch, die eine permanente Eigenschaft beschreiben (Größe, Länge, Gewicht, Farbe[ 3 ]), sei die Form mit bí (z.B. Tá an fear mór. = Der Mann ist groß.) weniger üblich.
Ein prädikatives Adjektiv ist aber auch im Kopulasatz nicht üblich und muss statt dessen durch ein attributives (!) Adjektiv ersetzt werden.
z.B.: Is fear mór é. / Is mór an fear é. = Er ist ein großer Mann. (statt: Der Mann ist groß.)
Diese letzte Regel trifft nicht zu, wenn eine Vorsilbe wie ró = zu oder an- = sehr oder Adverbien hinzutreten. Dann kann auch mit solchen prädikativen Adjektiven problemlos verwendet werden.
z.B.: Tá an bord ró-mhór = Der Tisch ist zu groß.
       Tá an t-éan an-bheag. = Der Vogel ist sehr klein.
       Tá sé fada a dhóthain. = Es ist lang genug.
Auch Verbaladjektive und abgeleitete Adjektive auf -ach, -úil und -mhar (-far) werden mit bí verwendet.
z.B.: Tá sé tuirseach. = Er ist müde.

Prädikative Adjektive mit der Kopula
Die Kopula kann im heutigen Irisch selten auch mit prädikativen Adjektiven verwendet werden. Dies ist meist auf bestimmte Verwendungen beschränkt. Hier fehlt dann jegliche zeitliche Begrenztheit, und es wird mehr die permanent innewohnende Eigenschaft beschrieben. Mit der Kopula können also nur Adjektive verwendet werden, die eine anhaltende Eigenschaft beschreiben.
Und auch dies ist im Grunde nur mit subjektiv wertenden und wenigen anderen Adjektiven möglich. In diesen Fällen steht meist auch eine Alternative mit zur Verfügung.
Insgesamt sind die Bedeutungsunterschiede zwischen und is bei solchen Adjektiven gering: Der Kopulasatz betont mehr das Adjektiv als Prädikat, ist somit oft ausrufartig ("Ist der gut!").

mit der Kopula Is maith é! Er ist gut! "ist gut er!"
mit bí Tá sé go maith. Er ist gut. "ist er [in einem Zustand des] Gut[seins]."

Mehr zu Adjektiven mit Kopula siehe hier.



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Die Kopula
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© Lars Braesicke 1999 / 2000

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[ 1 ]
Verschiedene Wörter für "sein", darunter spezielle Kopulae gibt es übrigens auch in anderen Sprachen: z.B. im Spanischen "estar" und "es"
(man beachte die nicht zufällige Ähnlichkeit zwischen "tá" und "estar" sowie zwischen "is" und "es"!)
Die Form leitet sich von der indoeurop. Wurzel staro = stehen her (was die Grundbedeutung als Verb des "Zu-standes" unterstreicht)
Wesentlicher Unterschied zw. Irisch und Spanisch in der Verwendung von is/es bzw. tá/estar sind Adjektive: Spanisch verwendet gewöhnlich es mit Adjektiven, heutiges Irisch hingegen .

[ 2 ]
Existenz ("geben") kann auch mit der Kopula und mit dem Präpositionalpronomen ann (= "in ihm", "darin") und do + Subjekt ausgedrückt werden. (also: is ann do …; ní (h)ann do …; an ann do …?)-
Es handelt sich um eine Auslassung einer Form des Verbs bí (also ein Small Clause) in einem Spaltsatz, der so zu einem reinen Kopulasatz wird:
Tá tú ann.Is ann atá tú.Is ann duit. (Eine Form mit Nominativ-Subjekt, d.h. statt duit, ist hier nicht möglich.)
z.B.: Is ann duit! = Da bist du! Dich gibt’s noch!
        Is ann do na tuairimí seo. = Es gibt diese Meinungen.
        B’ann don fhocal cheana féin. = Es gab das Wort schon.
        nuair ab ann di fós. = als es sie noch gab.
        Ní ann dóibh ach inár n-aigne. = Sie existieren nur in unseren Köpfen.
        Ní hann don mhonarcha a thuilleadh. = Die Fabrik gibt es nicht mehr.
        Ní hann duit ach nuair a … = Dich gibt es nur, wenn …
        An ann dó? = Gibt es das?
        An ann don Phlean Náisiúnta Éigeandála? = Gibt es den Nationalen Notfall-Plan?

[ 3 ]
Bei Farbadjektiven ist die Umschreibung mittels bí dath + Adjektiv + ar häufig.
z.B.: Bhí dath bán ar a haghaidh. = Ihr Gesicht war weiß. (wörtl. "War Farbe weiße auf ihr Gesicht.")
        Bhí dath dubh ar an áit le daoine. = Der Platz war schwarz vor Menschen. (wörtl.: "War Farbe schwarz auf dem Platz mit Menschen."