Im Irischen gibt es keinenInfinitiv (infinideach).
Wo im Deutschen der Infinitiv verwendet wird, steht im Irischen das Verbalnomen.
Das irische Verbalnomen hat Ähnlichkeiten zum Infinitiv, er steht wie dieser zw. Verb und Substantiv. Auch der deutsche Infinitiv kann substantivisch benutzt werden (z.B.: malen - das Malen etc.)
Die Festlegung "kein Infinitiv sondern nur ein Verbalnomen" ist dennoch nicht willkürlich.
Das irische Verbalnomen hat deutlich stärkere substantivische Eigenschaften als der deutsche Infinitiv, z.B.:
Es hat eine umfassendere Bedeutung: Es ersetzt u.a. auch deutsche Substantive auf -ung, beschreibt nicht nur die Tätigkeit an sich, sondern tw. auch das Ergebnis der Tätigkeit.
Es gibt häufige und unterschiediche Substantivendungen des Verbalnomens (z.B. -acht, -íocht) im Gegensatz zur deutschen Infinitivendung -en;
Es kann maskulin oder feminin sein (je nach Endung)
Es kann in gewissen Fällen selbst im Genitiv stehen (somit dekliniert werden)
Es kann selbst Genitivattribute und Possessivpronomen (als Objekte) führen.
Es wird häufig mit verschiedenen Präpositionen (ag, a, do, chun, le, tar éis etc.) verwendet (der deutsche Infinitiv eigtl. nur mit "zu").
Andererseits hat das irische Verbalnomen aber auch verbale Eigenschaften:
Es kann Adverbien führen.
Es kann direkte (Akkusativ-) Objekte haben (dann mit einer Präposition mit dem Verbalnomen verbunden), etc.
Synonyme
Verbalsubstantiv, Tätigkeitshauptwort,engl. verbal noun
Gelegentlich hier verwendete Abkürzung: VN
Die Bildung des Verbalnomens ist sehr unregelmäßig. Die angegebene "regelmäßige" Bildung ist zwar häufig, jedoch verwenden gerade häufige Verben gern "unregelmäßige" Verbalnomen-Endungen.
In den Dialekten werden z.T. auch unterschiedliche Endungen verwendet (z.B. feiscint/feiceáil = sehen, oscailt/foscladh = öffnen)
Verben der 1. Konjugation Regelmäßige Bildung:
Verbalnomenendung -adh bzw. -eadh (maskulin)
z.B. bris - briseadh (brechen), mol - moladh (loben), cas - casadh (drehen), póg - pógadh (küssen) Oft wird die Verbwurzel entpalatalisiert z.B. buail - bualadh (schlagen)
Verben auf -áil: Verbalnomen
mit gleicher Endung -áil (feminin):
z.B.: péinteáil (Verb = malen) - péinteáil (Verbalnomen zu malen)
Verben auf langen Vokal (á, é, í, ó, ú) + -igh: Verbalnomen mit Endung auf -á,
-é, -í, -ó, -ú (maskulin)
(z.B. -ó früher -óghadh, d.h. -ógh + -adh)
z.B.: báigh - bá (ertrinken), pléigh - plé (diskutieren), cloígh - cloí (bezwingen), dóigh - dó (brennen), dreoigh - dreo (verdorren)
Verben auf kurzen Vokal/Konsonant + -igh: Verbalnomen
mit Endung auf -í (maskulin)
(früher -ighe, -idhe, letzteres, da viele diese Verben früher auf -idh endeten)
z.B.: suigh - suí (früher: suidhe; sitzen), figh - fí (weben), nigh - ní (waschen)
weitere typische ("unregelmäßige") Bildungen
endungslos (gleiche Form wie Verbstamm, maskulin oder feminin)
z.B. ól - ól (trinken), at - at (schwellen), díol - díol (verkaufen), fás - fás (wachsen), léim - léim (springen)
endungslos + Entpalatalisierung des Verbstammes
z.B. coisc - cosc (verhindern), cuir - cur (legen), braith - brath (fühlen), loit - lot (zerstören), tomhais - tomhas (messen)
Verbalnomenendung -amh (maskulin)
z.B. déan - déanamh (machen), seas - seasamh (stehen), caith - caitheamh (werfen, verbrauchen), léigh - léamh (lesen), maígh - maíomh (deklarieren), maith - maitheamh (vergeben),
endungslos (gleiche Form wie Verbstamm oder minus -igh; maskulin oder feminin)
z.B.: aithris - aithris (nachmachen), foghlaim - foghlaim (lernen), damhsaigh - damhsa (tanzen)
Verbalnomen ohne zugehöriges Verb Es gibt Verbalnomen ohne ein zugehöriges Verb, d.h. ohne andere Verbformen.
Verwendet werden diese Verbalnomen meist in der Verlaufsform. Weil sie stets einen progressiven Aspekt haben, werden andere Verbformen als das Verbalnomen nicht benötigt.
Verbalnomen können aus Bezeichnungen für Menschen (meist Berufe) gebildet werden, obwohl es kein eigtl. Verb dazu gibt (-óireacht, -aireacht, -aíocht, etc.)
Auch aus Diminutiven in -ín können Vebalniomen gebildet werden (-ínteacht, -íneacht) mit unterschiedl. Bedeutung, je nach Grundwort
-acht /-eacht z.B.:
feirmeoir = Bauer; Tá sé ag feirmeoireacht. = Er ist als Bauer tätig. ("Ist er bei Bauer-sein")
siopadóir = Ladenbesitzer; Tá sé ag siopadóireacht. = Er kauft ein./ Er shoppt. ("Ist er bei Ladenbesitzer-sein")
Gaeilgeoir = Irischsprecher; Bíonn sé ag Gaeilgeoireacht ó dhubh go dubh. = Er spricht Irisch von früh bis spät. ("Ist er bei Irischsprecher-sein ...")
cabaire = Schwätzer; Tá siad ag cabaireacht. = Sie schwatzen. ("Sind sie bei Schwätzer-sein")
scéalaí = Geschichtenerzähler; Tá sé ag scéalaíocht. = Er erzählt Geschichten. ("Ist er bei Geschichtenerzähler-sein")
slám = Büschel, Handvoll, sláimín = kleine Menge; Tá sé ag sláimínteacht. = Er nimmt kleine Mengen (… statt ordentlich anzupacken).
croisín = "Kreuzchen", Gerät zum Ernten von Seetang; Bhí sé ag croisínteacht. = Er erntete Seetang (arbeitete mit einem croisín).
Die Bildung des Genitivs des Verbalnomens
Verbaladjektiv als Genitivform
Obwohl Verbalnomen Substantive sind, verwenden sie als Genitiv oft eine anderere Verbform, nämlich das Verbaladjektiv[1 ].
Dies tritt insbesondere dann auf,
wenn sie in "infinitivischer" Verwendung auftreten, insbesondere dann, wenn sie ein Objekt führen (ein Genitiv-Objekt oder ein Possessivpronomen), also transitiv auftreten.
z.B.: ól (trinken): lucht ólta fuisce = Whiskey-Trinker ("Leute des Trinkens des Whiskeys") z.B.: foghlaim (lernen): lucht foghlamtha na Gaeilge = Irisch-Lernende (wörtl." Leute des Lernens des Irischen") z.B.: bualadh (schlagen): chun a mbuailte = um sie zu schlagen
zur Bildung der Partizipien mit den Vorsilben so-, do-, in- (siehe Verbaladjektiv): briseadh (brechen): sobhriste = leicht zerbrechlich
Die "regelmäßigen" Verbalnomen auf -adh und -ú (ebenso: -á, -é, -í, -ó) haben stets einen Genitiv in der Form des Verbaladjektivs (in infinitivischer wie substantivischer Verwendung)
z.B: glanadh - glanta (Reinigen - des Reinigens), saothrú - saothraithe (Schwerarbeiten - des Schwerarbeitens), suí - suite (Sitzen - des Sitzens)
substantivischer Genitiv
Genitive je nach Substantiv-Deklination, bilden Verbalnomen (außer jene auf -adh und langen Vokal), wenn sie:
in "substantivischer" Verwendung auftreten oder in "infinitivischer" Verwendung, wenn sie kein Objekt führen, also intransitiv auftreten.
z.B.: bréith (tragen): lá bréithe = Geburtstag
("Tag der Geburt") z.B.: ól (trinken): lucht óil = Trinker ("Leute des Trinkens"),
z.B.: foghlaim (lernen): lucht foghlama = Lernende ("Leute des Lernens")
Die Verben auf -áil mit Verbalnomen
auf -áil verwenden stets einen substanivischen Genitiv (-ála) und nie das Verbaladjektiv als Genitiv, auch nicht in den oben genannten Fällen.
Ebenso auch viele VN auf -áint (-ána), -úint (-úna), -cht (-chta)
substantivischer Genitiv = Verbaladjektiv
Bei Verben der 2. Konjugation auf -l,-n,-r mit Verbalnomen auf -t
ist die Form des Genitivs stets entweder:
-te (Form des Verbaladjektivs = Form des substantivischen Genitivs, 2. Deklination)
z.B.: oscailt - oscailte (öffnen) oder:
-tha (Form
des Verbaladjektivs = Form des substantivischen Genitivs, 3. Deklination)
z.B.: imirt - imeartha (spielen) In diesen Fällen stimmt (zufällig) Verbaladjektiv und
substantivischer Genitiv überein.
Bildung des Dativs des Verbalnomens
Nach den meisten Präpositionen tritt der Dativ auf.
im Falle des Verbalnomens ist dies insbes. die Präposition ag, welche zur Bildung der Verlaufsform verwendet wird, aber auch die Präposition a als Kurzform der Präposition do,
Bei der Mehrzahl der Verbalnomen ist die Dativform jedoch ohnehin gleich der Nominativform. Im Standard wird zudem bei allen Verbalnomen stets die Nominativform verwendet.
In den Dialekten treten bei einigen aber Dativformen auf:
Dativformen können nur bei femininen Verbalnomen auftreten, die der 2. Deklination angehören und im Nominativ auf breiten Konsonant enden.
Dies sind insbesondere (jene wenigen) Verbalnomen, die auf -ach/-each enden. Diese bilden den Dativ auf -aigh/-igh. (Der Genitiv endet auf -aí/-í < -aighe/-ighe)
Häufig sind es intransitive Verbalnomen, die Geräusche bezeichnen,
z.B.: seitreach = Wiehern, Dativ: seitrigh; Tá na capaill ag seitrigh. = Die Pferde wiehern. géimneach = Blöken, Muhen u. ähnl. Tiergeräusche, Dativ: géimnigh; Tá na ba ag géimnigh. = Die Kühe muhen. méileach = Blöken, Dativ méiligh; Bhí an chaora ag méiligh. = Das Schaf blökte sceamhlach = Jaulen, Dativ sceamhlaigh; Thosaigh an madadh beag ag sceamhlaigh. = Der kleine Hund begann zu jaulen. amhastrach = Bellen, Dativ amhastraigh; Thosaigh sé ag amhastraigh. = Er begann zu bellen. cogarnach = Flüsterm, Dativ: cogarnaigh; Bhí sí ag cogarnaigh go séimh. = Sie flüsterte zärtlich. béiceach = Schreien, Dativ: béicigh: Thosaigh m’athair ag béicigh. = Mein Vater begann zu schreien Auch gehören hierher die intransitiven Verbalnomen-Langformen auf -nach, -neach, -arnach,
z.B.: léimneach = Springen, Dativ: léimnigh; Tá na bradáin ag léimnigh. = Die Lachse springen. preabarnach = Hüpfen, Dativ preabarnaigh; Bhí a chroí ag preabarnaigh ina chliabh. = Sein Herz hüpfte in seiner Brust.
Maskuline Verbalnomen auf -ach/-each haben hingegen keine spezielle Dativform. Sie gehören der 1. Deklination an.
z.B. ceannach = Kaufen, Dativ: ceannach; Tá mé ag ceannach glasraí. = Ich kaufe Gemüse.
Bildung des Plurals des Verbalnomens
Eine Pluralbildung ist nur bei substantivischem Gebrauch des Verbalnomens möglich.
Viele Verbalnomen bilden den Plural entsprechend ihrer Deklinationsgruppe bzw. entsprechend typischer Pluralbildungen.
Die "regelmäßigen" Verbalnomen auf -adh und -ú sowie die Verbalnomen auf -áil bilden den Plural folgendermaßen:
Verbalnomen auf -adh: Plural durch Anhängen eines -í an das Verbaladjektiv:
z.B.: glan (reinigen): glanadh - glanta - glantaí (gelegtl. auch andere Endungen, z.B. briseadh - bristeacha, bristeacha amach = Ausbrüche)
Verbalnomen auf -ú (u.a. lange Vokale) Plural-Form -uithe oder -ithe z.B.: saothraigh (hart-, er- bearbeiten):
saothrú - saothruithe (Nicht mit saothraithe zu verwechseln, dem Verbaladjektiv und Genitiv Singular des Verbalnomens)
Zu manchen Verben existieren zwei Verbalnomen, eine kürzere (normale) und eine längere (spezielle) Form.
Die längeren Formen (länger durch zusätzliche oder spezielle Endungen wie -chán, -nach, -neach, -arnach) tragen eher abstraktere, mehr nominale und weitergefasste Bedeutungen (Häufigkeit, Andauer, Lautstärke, etc.),
während die kürzeren konkreter und verbaler sind.
z.B. léamh/léitheoireacht = Lesen, ní/níochán = Waschen, preabadh/preabarnach = Springen, léim/léimneach = Springen, luascadh/luascarnach = pendeln, schwingen, schaukeln, lúbadh/lúbarnach = winden, drehen etc.
Die längeren Verbalnomen werden zudem syntaktisch als intransitive Formen verwendet, die kürzeren als transitive Formen,
z.B.: Bhí sé ag fí an éadaigh. = Sie webte das Tuch; Chaith sí an lá ag fíochán. = Sie verbrachte den Tag mit Weben.
[1 ]: Warum tritt ausgerechnet das Verbaladjektiv als Genitiv des Verbalnomens auf?:
Ein normales Substantiv im Genitiv ist zumeist ein Attribut (z.B. "Seáin" in "teach Sheáin = Seáns Haus") und wird genauso verwendet wie ein adjektivisches Attribut (z.B. "álainn" in "teach álainn = ein schönes Haus").
Der substantivische Genitiv stellt also quasi die "attributive Form" des Substantivs dar.
Das Verbaladjektiv stellt nun gewöhnlich die "attributive Form" des Verbs dar (z.B. "tógtha" in "teach tógtha = gebautes Haus ").
Wenn das Verbalnomen nun in "infinitivischer" Verwendung
(also in Betonung gerade seiner verbalen Eigenschaften) als Attribut verwendet wird (also in den Genitiv gesetzt werden muß), greift man auf die bereits bestehende attributive Form des gleichen Verbs zurück (also auf das Verbaladjektiv).
Zudem glich (durch Phänomene der Synkope) der Genitiv von (heutigen) Verbalnomen auf -dh und -Vokal schon frühteitig dem Verbaladjektiv und dem sog. Partizip der Notwendigkeit auch einfach in der Form.